Cho
Oyu 8.201 m |
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Der Cho Oyu ist mit
8.201 m der sechsthöchste Berg unserer Der Cho Oyu wurde bereits 1954 durch den österreichischen Himalayaforscher Tichy erstmals bestiegen. Trotzdem standen vor uns weniger als 100 Menschen auf seinem Gipfel. Für mich persönlich hat der Cho Oyu die längste Geschichte aller 8.000er, mit deren Besteigung ich mich ernsthaft befasst habe. Als ich im August 1971 meinen ersten Siebentausender bestiegen habe - es war der Noshaq, mit 7.485 m der höchste Berg Afghanistans - sagte ich im Abstieg: Jetzt will ich versuchen, auf einen 8.000er zu kommen. Der damalige Expeditionsleiter Marcus Schmuck, der selbst einen 8.000er erstbestiegen hatte, hörte das und sagte seinerseits: "Wenn ich noch einen 8.000er versuchen sollte, dann gleich den Mount Everest!". Wir waren schnell darüber einig, dass sich Marcus um die Genehmigung für den Mount Everest und ich mich um die für den Cho Oyu bemühen würden. Schon bald erhielt ich von Marcus die Nachricht, dass seine Bemühungen keinen Erfolg gehabt hätten, da der Everest bis 1975 vergeben sei und wir dann ja viel zu alt für ein solches Unternehmen wären. Meine Anfrage war gleichfalls erfolglos. Die zuständige nepalische Behörde hatte mir eröffnet, dass der Cho Oyu von der Liste der genehmigungsfähigen Berge gestrichen worden sei, da der Weg über tibetisches Gebiet führe, was aus politischen und diplomatischen Gründen nicht hinnehmbar sei. Dies war letztendlich der Grund, dass 1973 der Manaslu (8.163 m) mein erster 8.000er wurde. Auch als Anfang der 80er Jahre die Chinesen ihre Grenzen für ausländische Bergsteiger öffneten, war für den Cho Oyu keine Genehmigung zu bekommen. Die erste offizielle Besteigung über die tibetische Seite sollte einer chinesischen Expedition vorbehalten bleiben. Am 1. Mai 1985 stellte sich schließlich der chinesische Erfolg ein. Damit hatten auch ausländische Bergsteiger die Chance, den Cho Oyu von Tibet her zu ersteigen. Gleich im Sommer stellte ich den Antrag. Als mir mitgeteilt wurde, für 1986 seien bereits alle Genehmigungen vergeben, legte ich den Cho Oyu endgültig ad acta. Völlig unerwartet erhielt ich dann im Sommer 1987 von der chinesischen Bergsteigervereinigung eine Anfrage, ob ich an einer Genehmigung für Frühjahr 1988 noch interessiert sei. Da mir das Angebot nicht ins Konzept passte, wollte ich absagen. Als jedoch mein Freund Stefan Wörner, ein Schweizer, der schon viele Expeditionen organisiert und mit dem ich in den letzten Jahren viel unterwegs war, von dem Angebot erfuhr, beschwor er mich, es anzunehmen. Da ich für die Vorbereitung wenig Zeit hatte, sicherte er zu, die organisatorischen Arbeiten zu übernehmen. Diese Zusicherung zerstreute meine Bedenken und ich ließ mich umstimmen. Wir waren uns einig, die Expedition nur mit einer kleinen Mannschaft und minimalem Aufwand durchzuführen. Teilnehmer waren schließlich neben dem Schweizer Stefan Wörner und mir, meine bayrischen Freunde Hans Engl und Heinz Zembsch. Da in der Zwischenzeit die nepalisch-tibetische Grenze an den Grenzorten Kodari und Zhangmu passiert werden konnte, wählten wir als Ausgangsort Kathmandu. Nach Überschreiten der Grenze fahren wir schließlich am 10. April mit chinesischen Fahrzeugen in Zhangmu los. Ursprünglich hatten wir in Nyalam (3.750 m) einen Akklimatisationsstop vorgesehen, doch die Chinesen wollten keinen Zwischenaufenthalt. So durchqueren wir mit unseren Fahrzeugen an einem einzigen Tag den Zentralhimalaya von der Südseite auf die Nordseite. Die Fahrt geht über den 5.080 m hohen Lalung Lek, vorbei an der Abzweigung zum Shisha Pangma-Basecamp, bis wir gegen Abend in unserem Ausgangsort Tingri (4.350 m) eintreffen. Wir werden in einem Militärlager untergebracht und dort auch verpflegt. Beides mehr als miserabel. In den folgenden Tagen gehen wir aus Gründen der Akklimatisation, die wegen der direkten Anfahrt viel zu kurz gekommen ist, auf mehrere umliegende Berge, die ca. 5.000 m hoch sind. Am 14. April kommt dann aus Lhasa der Truck, der uns bis zum Ende der Fahrpiste (ca. 40 km) bringen soll. Gegen Mittag starten wir. Schon nach wenigen Minuten Fahrt kommen wir an ein Bachbett; die Trasse ist weggeschwemmt. Wir schleppen Steinblöcke, um eine Furt für die Weiterfahrt zu schaffen. Im weiteren Verlauf bleiben wir noch etliche Male stecken, insbesondere im Eis gefrorener Bäche. Immer wieder müssen wir den Truck an Seilen herausziehen, so dass wir am Abend nicht nur unwahrscheinlich staubig und dreckig, sondern auch redlich müde sind. Am Ziel, das nach der Karte Kyetrak heißt und auf ca. 4.900 m liegt, bauen wir ein Lager auf. Hier bleibt unsere chinesische Begleitmannschaft, während wir noch ca. 30 km vom Ausgangspunkt entfernt sind. Dorthin sollen uns Tibeter mit ihren Yaks bringen. Nachdem die Yaktreiber mit ihren Tieren gekommen sind, beginnen wir mit dem Zusammenstellen und Verteilen der Lasten. Das sonst übliche Palaver und Gefeilsche, wer welche Stücke zu übernehmen hat, fällt zu unserer Überraschung aus. Die Tibeter geben sich unerwartet moderat. In den folgenden Tagen müssen wir dann allerdings die betrübliche Erfahrung machen, dass dies offensichtlich nur der Anwesenheit unserer uniformierten chinesischen Begleiter zu verdanken war. Schon tagsdarauf sind die Tibeter nicht zu bewegen, ihre Yaks rechtzeitig zusammenzutreiben. Erst nachmittags können wir endlich losgehen. Bereits nach einer Stunde wollen die Tibeter wieder haltmachen und zurückgehen. Die Wegverhältnisse seien zu schlecht. Nach endlosen Diskussionen, angereichert mit Drohungen und vielen Versprechungen, gelingt es uns, die Yaktreiber zum Weitergehen zu bewegen. Etwa zwei Wegstunden später ist an einem kleinen See endgültig Schluss. Jetzt stürmt und schneit es auch noch. Nur mit viel Mühe gelingt es uns, die Tibeter zum Bleiben zu überreden. Da das Wetter weiter abscheulich bleibt, können wir die Yaktreiber nicht mehr daran hindern, mit ihren Tieren zurückzugehen. Wir versuchen alles, doch ohne Erfolg. Wir sind in einer ausgesprochen fatalen Lage. Ohne Yaks kommen wir nicht weiter. Deshalb entschließt sich Stefan, den Yaktreibern zu folgen, um sie zur Umkehr zu bewegen, während Hans und ich die Wegverhältnisse in Richtung Cho Oyu erkunden und nach einem geeigneten Platz für das Basislager suchen. Hans und ich kommen abends zurück, von Stefan hören wir nichts. Uns bleibt nur die Hoffnung. Sie geht am nächsten Tag in Erfüllung. Nachmittags kommt Stefan mit den Tibetern und ihren Yaks zurück. Gemeinsam mit dem chinesischen Begleitoffizier einer anderen Gruppe ist es ihm gelungen, die Tibeter zur Vernunft zu bringen. Jetzt sind wir wieder zuversichtlich, auch wenn wir zwei Tage verloren haben. Früh brechen wir auf und schon bald kommen schwierige Wegpassagen für die Yaks. Nach ca. 4 Stunden erreichen wir einen zugefrorenen See, hinter dem die Moräne des zum Cho Oyu führenden Gletschers beginnt. Wenn jetzt die Yaks noch etwa drei Stunden weitergehen würden, wären wir an dem Platz, an dem wir gern das Basislager errichtet hätten. Doch daraus wird nichts. Im Aufstieg zum Moränenrücken brechen die Yaks im tiefen Schnee immer wieder ein, so dass die Yaktreiber schließlich abladen und uns zwingen am Seeufer in einer Höhe von ca. 4.950 m das Basislager aufzubauen. Noch weit ist der Weg zum Cho Oyu und wir vier sind allein. Schon am nächsten Tag (21. April) beginnen wir mit der Schinderei - Lastentransport ohne jede Fremdhilfe ist angesagt. Wir schleppen schwere Rucksäcke mit Verpflegung, Ausrüstung und Gaskartuschen, stellen auf dem Gletscher zwei kleine Zelte auf, in denen wir unser Material vorübergehend deponieren. Nach zwei ausgesprochenen Schlechtwettertagen sind wir am 26. April so weit, dass wir auf ca. 6.300 m unser Lager I errichten und dort erstmals übernachten können. Mit schweren Rucksäcken steigen wir weiter auf. Wir erreichen einen Eisgrat mit mehreren Aufschwüngen, der an den Biancograt erinnert. Nachdem wir diesen Grat hinter uns haben, deponieren wir auf ca. 6.700 m unterhalb eines steilen Eisabbruchs unser Material. Dann kommen zwei Ruhetage im Basislager. Am 2. Mai erreichen wir wieder unser Depot, stellen die Zelte auf und übernachten erstmals im Lager II. Der nächste Tag ist stürmisch. An einen weiteren Aufstieg ist nicht zu denken. Plötzlich tauchen am Nachmittag in den Fixseilen des über uns liegenden Eisbruchs zwei Gestalten auf. Da sie längere Zeit hilflos in den Seilen hängen, gehen wir ihnen entgegen, um zu helfen. Es sind zwei Engländer, die aus Nepal über den Nangpa La gekommen sind. Sie waren nicht am Gipfel, sind aber so erschöpft, dass sie sich kaum auf den Beinen halten können. Sie torkeln uns entgegen. Wir geben ihnen zu essen und zu trinken. Nach einiger Zeit erholen sie sich etwas und setzen den Abstieg fort. Da es am nächsten Tag immer noch stürmt und das Barometer weiter fällt, steigen auch wir ab ins Basislager. In den folgenden Tagen bleibt das Wetter schlecht. Erst als der Wind auf Nord dreht, gehen wir in einem Zug zum Lager II und übernachten dort. Hans und ich steigen am nächsten Morgen als erste in den Eisbruch. Wir kommen rasch höher, überwinden auch den zweiten Eisbruch und kommen bis auf etwa 7.000 m. Zunächst wollen wir weiter, doch schließlich bleiben wir. Starke Sturmböen sind der Grund. Der Sturm bleibt unser ständiger Gefährte. Nach einiger Mühe gelingt es uns, am nächsten Nachmittag auf ca. 7.350 m in einer riesigen Mulde vor dem mächtigen Gipfelaufbau zwei Zelte aufzustellen. Wir schlafen relativ gut. Heute ist der 10. Mai und ich will zum Gipfel eines der ganz hohen Berge unserer Erde. Kurz vor acht Uhr brechen Hans und ich auf. Nach knapp einer halben Stunde folgt Heinz und in etwa gleichem Abstand Stefan. Das Wetter ist gut, doch es ist bitterkalt und recht stürmisch. Wir kommen gut voran, gehen langsam, aber gleichmäßig. Ich schaue zurück und sehe Heinz umkehren. Dann kommt das gelbe Band, danach eine felsdurchsetzte Zone. Ich sehe Stefan am gelben Band. Wir erreichen ein großes Eisfeld und anschließend einen Felsgürtel. Stefan sehen wir nicht mehr. Ist er auch umgekehrt? Nach dem Felsgürtel kommt ein Eisgipfel. Wir ersteigen ihn, hoffend, es sei der höchste Punkt. Doch weit gefehlt, denn wir sehen den Everest nicht. Vor uns liegt ein riesiges Eisplateau und an dessen Ende wird wohl der Gipfel sein. Wir quälen uns weiter; immer wieder kommen Kuppen, die der höchste Punkt sein könnten. Doch endlich - gegen 15 Uhr - erreichen wir die Gipfelzeichen. Wir sind glücklich und überwältigt vom Blick auf Everest und Lhotse - auch wenn es stürmt. Wir fotografieren und machen uns dann gleich an den Abstieg. Er verläuft ohne Probleme. Zwischen 18 und 19 Uhr sind wir wieder zurück im Lager. Heinz und Stefan begrüßen uns. Heinz ist wegen der Kälte umgekehrt. Er hat Erfrierungen an den Zehen. Stefan macht einen sehr aufgeräumten Eindruck. Er sitzt lächelnd im Zelteingang und berichtet, dass er etwa auf halbem Wege umgekehrt sei, da er farbige und schwarze Kreise vor den Augen gehabt habe. (Auch im Frühjahr 1986 ist Stefan aus denselben Gründen anlässlich einer Cho Oyu Expedition auf ca. 7.500 m umgekehrt.) Er wisse aber jetzt, dass dies ausschließlich seinen Grund in einer Hyperventilation habe. Er könne sie jederzeit durch Regulierung seines Tempos in den Griff bekommen. Im Zelt unterhalten wir uns weiter. Um die vielleicht unterschwellig vorhandene Enttäuschung abzubauen, sage ich noch zu Stefan, dass er als erst 38-jähriger und Organisator zahlreicher Expeditionen sicherlich noch öfter Gelegenheit haben werde, den Gipfel eines 8.000ers zu erreichen. Nachdem wir in die Schlafsäcke gekrochen sind, sagt dann Stefan völlig unvermittelt, er wolle es morgen, wenn möglich mit Heinz, nochmals versuchen. Heinz, der dies hört, sagt sogleich, dass er nur dann mitgehe, wenn es weniger kalt und stürmisch sei. Ich versuche, Stefan von seinem Vorhaben abzubringen. Ich erinnere ihn, dass man nach Aussagen ernstzunehmender Höhenmediziner einen hohen Berg nicht an zwei aufeinanderfolgenden Tagen angehen, sondern zwischen den Versuchen erst einmal wieder in tiefere Regionen absteigen sollte. In der kommenden Nacht geht es mir nicht gut. Gleich nach unserer Rückkehr hat mir Stefan eine Flasche mit einem Zitronengetränk gegeben, die ich, ohne vorher etwas zu essen, gierig ausgetrunken habe. Dies scheint meinem Magen nicht bekommen zu sein. Ich träume unablässig verrücktes Zeug und werde immer wieder von starkem Sodbrennen geweckt. All das bei einem Sturm, der so sehr auf den Zelteingang drückt, dass sich der Reißverschluss mehrmals von selbst öffnet. Stefan erträgt es mit Gelassenheit und beginnt, um 6 Uhr Tee zu kochen. Heinz will bleiben, ihm ist es zu stürmisch und zu kalt. Etwa um 9 Uhr geht Stefan los. Heinz will auf ihn warten, obgleich er nach dem relativ langen Aufenthalt in großer Höhe auch nicht mehr in bester Verfassung ist. Gegen 10 Uhr beginnen Hans und ich mit den Vorbereitungen für den Abstieg. Zu allem Überfluss bläst der Wind meine Thermosflasche in eine Gletscherspalte neben dem Zelt. Jetzt kann ich nicht einmal etwas zu trinken mitnehmen. Um 13 Uhr beginnen wir dann mit dem Abstieg. Um 15 Uhr erreichen wir den Platz unseres früheren Lagers II. Hans sieht von hier aus Stefan im Aufstieg über das obere Eisfeld. Anschließend gehen wir über den Eisgrat hinunter. Auf 6.300 m stellen wir ein Zelt auf und übernachten. Zu weit ist es ins Basislager. Am späten Vormittag des nächsten Tages setzen wir den Abstieg fort. Als wir nachmittags zu dem Platz kommen, wo unsere beiden Depotzelte gestanden haben, ist er leer. Die Zelte samt Inhalt wurden gestohlen. Kopfschüttelnd, aber unverdrossen, schleppen wir unsere schweren Rucksäcke den langen Weg hinaus bis ins Basislager. Im letzten Hang ist es besonders schlimm. Wir brechen teilweise bis zur Brust in den weichen Schnee ein; oft glaube ich, die rettenden Zelte nicht mehr zu erreichen. Zu allem Überfluss erwartet uns noch eine besondere Überraschung: Stefans Zelt und mein Zelt sind ausgeplündert. Unsere Schlafsäcke, meine Daunenjacke und das ärgerlichste, meine gesamten belichteten Filme, fehlen. Am nächsten Tag (13.Mai) schlafen Hans und ich lange. Wir faulenzen, sehen aber immer wieder nach oben, ob unsere beiden Kameraden nicht doch schon kommen. Gegen 20 Uhr kriechen wir in die Schlafsäcke. Um 22.30 Uhr werden wir wach - Geräusche im Messezelt - Heinz ist zurück. Völlig erschöpft, berichtet er stockend und verzweifelt folgendes: Vorgestern sei Stefan vom Gipfel, den er gegen 18 Uhr erreicht habe, erst in der Nacht gegen 22.30 Uhr zum Zelt zurückgekommen. Er sei den Umständen entsprechend zwar erschöpft, aber nicht zuletzt wegen seines Gipfelerfolges guter Dinge gewesen. Am Morgen habe er, Heinz, für Wasser und Getränke gesorgt. Obwohl auch Stefan zunächst gesagt habe, man müsse schleunigst absteigen, habe er sich nicht bereit gemacht und immer wieder verschiedene Medikamente eingenommen. Anschließend habe sich Stefans Zustand von Minute zu Minute rapide verschlechtert. Auf die ständigen Aufforderungen zum Aufbruch habe Stefan nur wirres Zeug geantwortet. Als letztes Mittel habe er versucht, Stefan mit Gewalt samt Matte aus dem Zelt zu ziehen. Nachdem auch dieser Versuch misslungen sei, habe er sich zum Abstieg entschlossen, um Hilfe zu holen. Er selbst habe nicht mehr bleiben können, da auch sein körperlicher Zustand miserabel gewesen sei. Heinz war bereits vier Nächte und vier Tage in einer Höhe von mehr als 7.000 m, davon drei in ca. 7.350 m. In der Nacht vom 12. auf den 13. Mai hat Heinz dann im früheren Lager II (6.700 m) biwakiert und ist im weiteren Verlauf des Abstiegs gestürzt. Wegen seines kritischen Zustandes musste er seinen Rucksack zurücklassen und hat mit letzter Kraft gerade noch das Basislager erreicht. Wir wissen, dass die Chance einer Rettung nach vier Tagen verschwindend klein sein muss. Trotzdem geht Hans am Morgen des 14. Mai los. Er will schnell sein und geht deshalb allein. Er nimmt die einzige vorhandene Flasche mit künstlichem Sauerstoff mit. Er will heute bis zum Lager II (6.700 m) und am nächsten Tag zu Stefans Zelt kommen. Aber das Wetter wird zusehends schlechter, es schneit fast unablässig, und gegen 20 Uhr kommt Hans erschöpft zurück. Er ist nur bis auf ca. 6.500 m gekommen, hat dort den Sauerstoff deponiert und ist im Schneesturm bei ständig wachsender Lawinengefahr wieder abgestiegen. An den beiden folgenden Tagen schneit es ununterbrochen. Am 17. Mai ist das Wetter wieder gut. Am frühen Morgen startet Hans nochmals. Aber schon mittags schneit es wieder. Doch Hans kommt dieses Mal bis 6.700 m, biwakiert und muss wegen der katastrophalen Verhältnisse wieder zurück. Seit dem Abstieg von Heinz sind jetzt 6 Tage vergangen. Jede Hilfe muss zu spät kommen. Mit den Yaktreibern, die von den Chinesen geschickt worden sind, machen wir uns auf den Rückweg, unendlich traurig über Stefans Tod. Ein überaus treuer, aufrichtiger und allzeit hilfsbereiter Freund fehlt; er wird uns immer fehlen. Der Erfolg am Berg wird bedeutungslos angesichts des tragischen Todes eines Menschen, der das Leben geliebt hat wie kaum ein anderer.
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