Besteigung der Carstensz Pyramid
(Gunung Jaya) 4.897 m -
höchster Berg der Insel Neuguinea

 

Neuguinea ist in zwei Hälften geteilt. Die östliche Hälfte ist der selbstständige Staat Papua Neuguinea, während die westliche Hälfte unter der Bezeichnung Irian Jaya zu Indonesien gehört. Dort liegt auch die Carstensz Pyramid (indonesisch Gunung Jaya), der höchste Berg der Insel und des gesamten indonesischen Staatsgebiets.

Irian Jaya ist eines der Gebiete unserer Erde, das immer wieder auf nicht vorhersehbare Zeit für Besucher gesperrt ist. Grund dafür sind Unruhen der einheimischen Stämme, zu denen auch die Danis gehören, in deren Stammesgebiet die Carstensz Pyramid liegt. Die Danis sind die von Heinrich Harrer in seinem Buch "Ich komme aus der Steinzeit" so treffend beschriebenen Steinzeitmenschen und Ex-Kannibalen.

Schon mehrmals hatte ich versucht, eine Genehmigung für die Carstensz Pyramid zu bekommen, doch immer wieder hat es Absagen gegeben.

Mitte 1991 erfuhr ich, dass die kanadische Gesellschaft Ecosummer die Aussicht habe, eine Genehmigung für eine Carstensz-Expedition zu erhalten. Ich habe natürlich sofort Verbindung aufgenommen, doch immer wieder wurde das Unternehmen verschoben und letztlich die Genehmigung sogar infrage gestellt.

Trotz allem - am 9. Februar 1992 landen wir, das sind ein Kanadier, ein Neuseeländer, zwei US-Amerikaner, Hans Engl und ich auf Biak, einer kleinen Insel im Norden Neuguineas, dem einzigen internationalen Flugplatz von Irian Jaya.

Vier Tage bleiben wir in Biak und vertreiben uns die Zeit mit Ausflügen. Irgendeinen Grund gibt es immer wieder, weswegen sich unser Weiterflug verzögert. Erst muß angeblich noch die Genehmigung in Jayapura umgeschrieben werden, was Tage dauert, dann gibt es am Flugzeug technische Probleme. Aber schließlich fliegen wir doch mit einer Twin Otter nach Nabire und anschließend zu unserem Ausgangspunkt ins Hochtal von Ilaga. Zahlreiche Danis erwarten uns an der Graspiste. Wer diese wilden Gesellen erstmals sieht, ist, gelinde gesagt, schockiert. Es sind kräftige Männer, meist mit abenteuerlicher Haarpracht, oft mit wildbemalten Gesichtern und ungewöhnlichen Accessoires wie riesigen Hauern von Schweineebern. Im Normalfall sind sie fast nackt. Einziges Kleidungsstück ist ein Penisköcher. Dies ist ein ausgehöhlter Flaschenkürbis unterschiedlicher Größe, den sie über den Penis stülpen. Wer bei diesem Anblick mit Schaudern an ihre Vergangenheit als Kannibalen erinnert wird, dem kann man das nicht übel nehmen. Nach einiger Zeit jedoch macht man die überraschende Feststellung, dass es in der Regel lustige und friedfertige Gesellen sind. Ich habe sie nie aggressiv erlebt. Die Frauen sind ebenfalls stabil gebaut und, abgesehen von einem kurzen Rock aus getrocknetem Gras, in aller Regel unbekleidet. Nach einem 30-minütigen Fußmarsch erreichen wir den Ort und müssen gleich zur Polizeistation, um uns zu melden.

Am Nachmittag ist Markttag. Ein an Exotik nicht zu übertreffendes Erlebnis. Unsere Kameras laufen heiß.

Am Abend müssen wir wieder in die Polizeistation und dort, wie man uns sagt, aus Sicherheitsgründen auch übernachten.

Am nächsten Morgen herrscht die übliche Hektik bei der Auswahl der Träger und Verteilung der Lasten. Erst am frühen Nachmittag geht's los. Sieben Tage Anmarsch, während der wir niemals trocken werden, liegen vor uns. In den Morgenstunden ist das Wetter meist passabel, doch gegen Mittag beginnt es zu schütten wie aus Kübeln. Auch die Sachen in unseren Seesäcken sind, trotz Plastikverpackungen, patschnass.

Wir überschreiten mehrere Pässe, die über 3.000 m hoch sind und frieren dabei erbärmlich. Der Schlamm ist oft knöcheltief und die zu durchwatenden Bäche so zahlreich, dass wir die Schuhe gar nicht mehr ausziehen. Am letzten Anmarschtag überschreiten wir nach mehreren Stunden Aufstieg den 4.400 m hohen Neuseelandpaß. Anschließend Abstieg bis auf ca. 4.000 m, wo wir unser Basislager einrichten. Die Landschaft ist überwältigend. Obgleich wir fast am Äquator sind, sehen wir auf den umliegenden Bergen Gletscher.

Am nächsten Tag Erkundung. Die Nordwand der Carstensz Pyramid flößt Respekt ein. Nach langem Suchen finden wir den Einstieg. Zurück im Basislager packen wir für morgen unsere Rucksäcke.

Um ½ 5 Uhr des 23. Februar 1992 brechen wir auf und sind um 6 Uhr am Einstieg. Hans und ich klettern voraus. Wir verlieren unsere Kameraden bald aus den Augen. Nach einiger Zeit wird die Kletterei zunehmend schwerer. Etliche Seillängen klettern wir im oberen 4. Grad. Offensichtlich haben wir die Normalroute verlassen. Am Gipfelgrat kommen wir wieder auf die übliche Route und erreichen gegen ½ 12 Uhr bei gutem Wetter den Gipfel. Die Aussicht ist grandios. Im Abstieg beginnt es dann, wie üblich, wieder zu regnen. Am Spätnachmittag erreichen wir dann tropfnass aber glücklich wieder das Basislager.

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